Würzburg (POW) Welche Verbindung gibt es zwischen einem fossilen Schachtelhalm und dem Abbild Jesu auf dem Schweißtuch der Veronika? Sowohl der Abdruck der rund 230 Millionen Jahre alten Pflanze wie auch der Abdruck eines Menschengesichts auf dem Schweißtuch sind real. „Das hat fast etwas von Ewigkeit“, sagt Christoph Deuter, Sammlungs- und Museumskurator des Museums am Dom (MAD) in Würzburg. Im Rahmen der Tauschaktion „Kunst geht fremd… und verzaubert“ ist der Stein mit dem Abdruck eines Schachtelhalms und eines Farns aus dem Museum Terra Triassica in Euerdorf (Landkreis Bad Kissingen) bis zum 5. November im MAD zu sehen. Das MAD wiederum gab die Tuschezeichnung „Papageno“ des Künstlers KRAM (Karl-Heinz Kramhöller, 1940-1984) als Leihgabe an das Würzburger Museum im Kulturspeicher.
Der fossile Stein habe auf der Wunschliste des MAD gestanden, erzählt Museumskurator Michael Koller. „Es ist ein tolles Objekt, das aber zunächst irritiert.“ Doch gerade die Präsentation von Objekten in unkonventionellen Zusammenhängen mache den Reiz der Aktion „Kunst geht fremd…“ aus. Der erste Reflex sei gewesen, den Stein der Themenwelt Natur zuzuordnen. Doch dann habe Deuter die Idee gehabt, ihn mit einem Druck aus den diözesanen Kunstsammlungen zu kombinieren, der den mutmaßlichen Abdruck von Jesu Gesicht im Schweißtuch der Veronika zeigt. Ein rotes Siegel in der rechten unteren Ecke bestätigt die Echtheit des im späten 19. Jahrhunderts entstandenen Drucks. Platziert wurden die Exponate an der Schnittstelle zwischen den Themenwelten Jenseits, Mensch und Natur.
Im Museum im Kulturspeicher ist derweil die Federzeichnung „Papageno“ von KRAM unter den Bronzevögeln des Bildhauers Reinhard Dachlauer zu sehen. „In ihrer spontanen Unmittelbarkeit verströmen KRAMS Federzeichnungen eine magische Aura", heißt es im Begleitheft zur Aktion. Die Offenheit der Zeichnung kontrastiere auf reizwolle Weise mit den geschlossenen Oberflächen der Bronze. Die Zeichenkunst KRAMs sei „außerordentlich“, sagt Koller. Die Zeichnung sei so dicht, dass man das Mischwesen aus Mensch und Vogel erst auf den zweiten Blick entdecke. Auf der Suche nach einem passenden Tauschobjekt habe er unzählige Objekte gesichtet, erzählt Koller: „Als ich die Zeichnung von Papageno gesehen habe, war es für mich klar. Und der Kulturspeicher hat sich gleich dafür interessiert.“
Seit 2011 werden ausgewählte Kunstwerke als „Fremdgänger“ auf Reisen geschickt. In diesem Jahr beteiligen sich 19 Museen in Unterfranken an der Aktion. Sie wollen mit ihren Exponaten in fremden Häusern verzaubern. Dabei geht es beispielsweise um Materialien, denen Zauberkräfte zugeschrieben werden, verzaubert wirkende Formen aus der Natur oder mystische Zeichen des Glaubens. Die Aktion lade dazu ein, Kunst in anderen, fremden Zusammenhängen zu sehen und neue Museen zu entdecken, heißt es auf der Homepage des Netzwerks „Kunst geht fremd“.
Noch mehr Kunst aus den Museen des Bistums Würzburg
Vor dem Altar im Museum Johanniskapelle in Gerolzhofen (Landkreis Schweinfurt) mit dem Schwerpunkt „Kunst und Geist der Gotik“ wird im Rahmen von „Kunst geht fremd“ in diesem Jahr das Kruzifix „Christus am Kreuz“ aus den Museen Miltenberg gezeigt. „Kruzifixe versinnbildlichen in ihrem religiösen Zusammenhang drei Verzauberungen zugleich“, heißt es im Begleittext. Da sei die Verzauberung des Körpers Christi, der im Moment seines Todes vom irdischen Menschensohn zum himmlischen Gottessohn wird. Die Verzauberung des Geistes der Gläubigen, die beim Betrachten des Kreuzes in ihre innerste Spiritualität verzückt werden. Und schließlich die Verwunderung andersgläubiger Betrachter beim Anblick dieses zentralen Kult-Relikts der christlichen Religion.
Das Museum Johanniskapelle wiederum gab einen um 1500 entstandenen, rund 54 Zentimeter langen Rosenkranz aus Bergkristall und vergoldetem Silber an das Jüdische Kulturmuseum Veitshöchheim. Dort wird er im Umfeld von „Reisen und Unterwegs“ gezeigt. „Dem Rosenkranz wurden als gesegnetem Objekt mit speziellen verwendeten Materialien und eingehängten Bildern starke Abwehrkräfte gegen das Böse zugeschrieben. Außerdem war er immer auch Statuszeichen und Schmuck.“
Mehr zur Aktion „Kunst geht fremd… und verzaubert“ sowie zu den Begleitveranstaltungen gibt es auf der Homepage unter www.kunst-geht-fremd.de sowie auf Instagram mit den Hashtags #KunstGehtFremd und #KunstVerzaubert.
sti (POW)
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