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Von Professor Dr. Michael Rosenberger

Das kommt teuer – Ist Wallfahrten nur etwas für Leute mit Geld?

Wenn ich manche Ausschreibungen zu „Pfarrwallfahrten" oder „Pfarrreisen" anschaue, frage ich mich in der Tat, wie wohlhabend die Menschen dieser Pfarrei sein müssen. Ich selber jedenfalls würde für diesen Preis nicht mitfahren wollen. Umgekehrt entdecke ich aber ebenfalls manches Pfarrangebot, das echte Dumpingpreise aufweist und wo man schon am Preis erkennen kann, dass hinten und vorn mit aller Gewalt gespart wurde – auf Kosten der ideellen Qualität (wenn zum Beispiel kein qualifizierter Reiseführer mitgenommen wird oder die Quartiere weit von den Pilgerzielen entfernt liegen).

Was also kann als Orientierung dienen, wenn man nach der angemessenen Gestaltung kirchlicher Wallfahrten und Reisen fragt? Zunächst einmal sollten wir auf Jesus selber schauen, und der ist in dieser Hinsicht ziemlich radikal: „Und er gebot ihnen, außer einem Wanderstab nichts auf den Weg mitzunehmen, kein Brot, keine Vorratstasche, kein Geld im Gürtel, kein zweites Hemd und an den Füßen nur Sandalen." (Mk 6,8-10) Im Idealfall soll eine Pilgerfahrt der Jüngerinnen und Jünger Jesu überhaupt nichts kosten. Und im Realfall haben Jesus und die Seinen das – soweit wir wissen – weitestgehend verwirklicht. Möglich wurde es allerdings nur dadurch, dass sie auf die Gastfreundschaft jener Menschen setzten, zu denen sie kamen. Sei es für die Übernachtung, sei es für die Verköstigung fanden Jesus und die Seinen praktisch immer offene Häuser und hilfsbereite Hände. Diese Hilfsbereitschaft hat Jesus sehr selbstverständlich angenommen, aber auch mit großem Respekt. Und eines ist klar: Der Gast kann nichts fordern, er muss nehmen, was ihm geboten wird: „Esst und trinkt, was man euch anbietet", betont Jesus gleich zweimal in Lk 10,4-8 – das scheint also nicht allen Jüngern und Jüngerinnen geschmeckt zu haben! Wer so respektvoll Gast ist, braucht auch keine Sorge haben, den Gastgebern/Gastgeberinnen zur Last zu fallen. Sie werden ihn gerne aufnehmen und sich am Ende selbst als Beschenkte sehen – nicht materiell, aber ideell.

Wenn ich selber (wie vermutlich auch die Jüngerinnen und Jünger damals) in sehr kleinen Gruppen auf Wallfahrt gehe, also mit maximal fünf Personen, dann versuche ich, die Anweisungen Jesu sehr wörtlich zu nehmen. Das heißt: Nicht im Gasthof oder Hotel übernachten, sondern bei einem Bauern oder an einem Pfarrhaus anklopfen. Natürlich hat man dabei das Risiko, weggeschickt zu werden, und davon könnte ich so manches Lied singen. Aber das gehört eben dazu. Umgekehrt kann man aber auch wundervolle Gastfreundschaft erleben, die man ein Leben lang nicht mehr vergisst.

Auf den großen Pilgerwegen gibt es mittlerweile fast überall Pilgerherbergen oder Schlafquartiere in den Pfarreien und Klöstern. Für Kleingruppen ist es also im Regelfall kein Problem, „um Gottes Lohn" (oder eine eher symbolische Spende) zu pilgern. Darüber hinaus gibt es Regionen, und Franken gehört dazu, wo auch große Pilgergruppen mit enormer Selbstverständlichkeit in Familien untergebracht werden. Da entstehen oft tiefe Freundschaften, da wird Glaubensverbundenheit erlebbar. Ich möchte diese uralten Bräuche nicht missen!

Und wenn es nicht auf diese Weise geht, weil die Pilgerfahrt nach Lourdes oder Rom oder gar ins Heilige Land führt? Dann sollte man umso mehr auf einfache Quartiere schauen. Wir Christinnen und Christen brauchen nicht das Fünf-Sterne-Hotel in Rom oder den Swimming-Pool am Sinai. Wir brauchen nicht den Fernseher und die Klimaanlage auf jedem Zimmer. Es darf auch ein bisschen einfacher sein.

Und noch etwas: Wir in den Pfarreien müssen auch nicht Reisen rund um die halbe Welt anbieten (Israel ausgenommen). Denn welches Anspruchsniveau signalisieren wir den Menschen, wenn die Pfarrwallfahrt heuer in die Türkei und nächstes Jahr nach Irland geht? Auf der Kanzel kritisieren viele Prediger den Materialismus – im Reiseprogramm ihrer Pfarrei praktizieren sie ihn selber. Insofern wäre die Pfarrwallfahrt eine ideale Chance, den Menschen zu zeigen, dass weniger manchmal mehr sein kann.