Liebe JüngerInnen auf dem Weg nach Emmaus,
Gestern am Ostermorgen, wurde mir im Anschluss an einen wunderschönen Ostermorgengottesdienst um 5 Uhr im Internet aus der Pfarrei St. Josef in Weiden bewusst, dass ich noch nie in meinem Leben ein Osterfrühstück alleine gegessen habe. Meistens wurde mir die österliche Tischgemeinschaft von anderen geschenkt, manchmal habe ich sie selbst initiiert und organisiert. Aber wirklich nie war ich allein – bis heuer. Dabei war die Gemeinschaft sehr unterschiedlich: In den ersten 19 Lebensjahren die eigene Familie, dann die Hausgemeinschaft im Priesterseminar in Würzburg und Rom, dann etliche Jahre die Gemeinschaft von Jugendlichen, die ich zur Feier der Kartage intensiv für drei Tage und drei Nächte im Pfarrheim oder im Kloster versammelt hatte, schließlich die Gemeinschaft der Pfarrei beim gemeinsamen Osterfrühstück im Pfarrheim oder bei Familien. Jetzt, wo mir diese Ostergemeinschaft verwehrt ist, machen mich die 57 Osterfrühstücke zuvor noch dankbarer und zufriedener. Es ist wunderbar, wie der Glaube Menschen zusammenführt und verbindet.
Heute am Ostermontag lädt uns das wundervolle Emmaus-Evangelium ein nachzudenken, wie wir es mit Sterben, Tod und Auferstehung der Kirche halten wollen. Da sind zwei Jünger unterwegs, hinaus aus Jerusalem, der Stadt des Grauens. Nichts ist mehr so, wie es vorher war! Die Gemeinschaft der JüngerInnen Jesu ist nicht mehr vorhanden. Der Lebensstil, den sie über Monate, vielleicht sogar Jahre gepflegt haben, ist dahin. Die Bräuche, die Gewohnheiten, die sie sich in der Jesusgemeinschaft angeeignet haben, zerbröseln unter ihren Fingern. Jede und jeder geht seines oder ihres Weges, völlig von der Rolle, entwurzelt, entgleist, aus der Spur.
Das Neue ist so anders, dass sie es lange Zeit nicht bemerken. Sie erkennen Jesus nicht an seinem Gang – normalerweise ein typisches Erkennungsmerkmal eines Menschen. Sie erkennen ihn nicht an der Stimme, an seiner Art zu reden, an seiner Wortwahl und seinen Gedanken. Sie erkennen ihn nicht einmal an seiner Art, die Schrift auszulegen. Alles ist ganz anders geworden. Nur eines nicht: Die Art, wie er das Brot bricht. Daran erkennen sie ihn. Nur daran. Es ist das einzige, was nach Ostern noch so ist wie es vor Ostern war. Aber dieses Eine genügt und muss uns genügen.
Haben wir uns schon aus der Spur bringen lassen durch den jahrzehntelangen Exodus der Menschen aus der Kirche? Sind wir noch „mit Blindheit geschlagen“, weil wir am Bild der alten, sterbenden Kirche hängen, der Kirche des 20. Jahrhunderts? Sind noch auf dem Weg nach Emmaus oder sind wir dort schon eingekehrt und sitzen bei (Kirchen-) Fremden am Tisch? Sind uns schon die Augen aufgegangen? Haben wir die neue, österliche Kirche des 21. Jahrhunderts schon erkannt, die mitten unter uns ist?
In diesen Tagen macht ein Brief des tschechischen Priesters und Professors Tomáš Halik die Runde, mit dem er zum Osterfest die Botschaft der Coronakrise für die Kirche analysiert. In Windeseile wurde er in zahlreiche Sprachen übersetzt und in fast allen christlich geprägten Ländern verbreitet. Ich empfehle euch/ Ihnen diesen Brief, den ich dieser Mail anhänge, als Ostermontagspredigt. Er hat uns viel zu sagen.
So wünsche ich euch/ Ihnen ein gutes Hineingehen in die Osterwoche und einen wachen Blick, um den Auferstandenen mitten in den Kleinigkeiten des Alltags zu entdecken. Mit österlichen Grüßen,
Michael Rosenberger
PS: Da es heuer keinen Osterwitz gab und dieser manchen schmerzlich fehlte, was ich gut verstehen kann, hier etwas Alternatives zum Schmunzeln über die sich derzeit rasend schnell ausbreitende „Fränkische Grippe“: https://www.sueddeutsche.de/bayern/bayern-csu-soeder-umfrage-glosse-1.4872084 Ich danke Wolfgang Treutlein für den Hinweis und hoffe, dass die Glosse auch außerhalb Bayerns verständlich ist. Lachen ist gerade in diesen Zeiten sehr gesund!