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Eine Antwort von Professor Dr. Michael Rosenberger

Wie kann das Verlassen des Wallfahrtsortes zum Zeichen eines neuen Aufbruchs werden?

„Es ist gut, dass wir hier sind! Wir wollen Hütten bauen!“ (Mk 9,5) So sagt es Petrus zu Jesus, als sie zu viert auf einen hohen Berg gepilgert sind und Jesus plötzlich in einem strahlend hellen Licht sehen. Wer sich auch nur ein wenig in die Erzählung von der Verklärung Jesu hineinversetzt, wird Petrus gut verstehen können. Denn so ähnlich wird es jedem Pilger gehen, der nach langen Mühen und Anstrengungen am Wallfahrtsort angelangt ist. Überwältigt von der Freude, am Ziel zu sein, restlos erfüllt von der Schönheit und Herrlichkeit der Wallfahrtskirche möchte er am liebsten für den Rest des Lebens dort bleiben: „Wie liebenswert ist deine Wohnung, Herr – wohl denen, die in deinem Hause wohnen!“ (Ps 84,2.4) So beten es die Wallfahrerinnen und Wallfahrer seit über 2500 Jahren.

Die Realität schaut freilich anders aus. Allzu schnell sind die Tage am Wallfahrtsort verflogen, es gilt Abschied zu nehmen und nach Hause in den Alltag zurückzukehren. In den grauen, tristen, belastenden und bedrückenden Alltag. Wahrlich keine schöne Vorstellung! Und doch ist die Rückkehr unumgänglich. Unser Platz ist nicht am Wallfahrtsort, sondern dort, wo wir bisher gelebt haben und auch weiterhin leben sollen. Dort tragen wir Verantwortung, dorthin hat Gott uns gestellt. Dort sollen wir täglich im Kleinen seine Herrlichkeit erfahren. Der Glanz des Wallfahrtsorts kann hineinstrahlen in unseren Alltag – wenn wir nur die Erfahrungen des Pilgerns lebendig halten.

Am Ostermorgen pilgern die Frauen zum Grab Jesu, erzählt uns der Evangelist Markus (Mk 16,1-8). Eine kleine, aber ungeheuer bedeutsame Wallfahrt, die sie mit ihren Gaben, den Salbölen unternehmen. Doch obgleich sie das Grab offen finden und nicht vor dem schweren Stein kapitulieren müssen, der das Grab verschlossen hielt, finden sie den nicht, den sie suchen. Einzig eine innere Stimme, die Bibel nennt sie „Engel“, sagt ihnen, dass Jesus in Galiläa auf sie wartet. Dort, wo sie zuhause sind. Dort, wo sie ihren Beruf ausüben. Dort, wo ihre Familie sie erwartet. Genau dort wird der Auferstandene ihnen begegnen. Und so machen sich die Frauen zusammen mit den Aposteln auf den Weg in die Heimat.

Es mag uns befremden, dass der Glanz und die herzbewegende Feier am Wallfahrtsort nicht die eigentliche Begegnung mit dem Auferstandenen sein sollen. Und doch ist es so. Ostern ereignet sich mitten im Alltag! Ich rate daher, am Wallfahrtsort einige wichtige Erfahrungen der Wallfahrt aufzuschreiben und dabei auch zu überlegen, welche Anstöße für eine Neugestaltung meines Alltags ich mitnehme. Wenn ein Pilger später im Alltag seine Gedanken nachliest, bleiben sie lebendig und verwandeln den Alltag. Auch Andenken wie eine Kerze mit dem Motiv des Gnadenbilds, ein Bild zum Aufhängen oder ein Rosenkranz können den Segen der Wallfahrt im Alltag lebendig halten.

Der Aufbruch zu Beginn einer Wallfahrt ist ein bewegender und emotionaler Moment. Mindestens so wichtig ist aber der Aufbruch vom Wallfahrtsziel zurück nach Hause. Denn ob wir wollen oder nicht: In diesem irdischen Leben haben wir keine feste Bleibe. Wir bleiben unterwegs – ständig im Aufbruch zu dem großen, endgültigen Pilgerziel unseres Lebens.